Mit der kleine Fähre Panagia Spiliani flüchteten wir von Kos Richtung Nisyros und ließen uns an Deck außer dem Wind auch jede Menge Abgase um den Kopf wehen. Irgendwie hatte ich nach der Fahrt ein leichtes Halskratzen, aber deswegen lasse ich mich doch nicht einfach von Deck vertreiben…
In Nisyros hatten wir ein Studio mit Küchenzeile UND Meerblick im Hotel Romantzo reserviert, das direkt neben dem Hafen liegt. Dort angekommen drückte mir der Besitzer drei Schlüssel in die Hand: Wir könnten uns aussuchen, ob wir das Studio möchten oder ein normales Zimmer, dafür aber mit Meerblick. So war das eigentlich nicht ausgemacht…Wir sahen uns beides an: das Studio hatte zwar eine kleine Küchenzeile, dafür aber so gut wie gar keinen Meerblick, die Zimmer waren zwar recht winzig und ohne Kochgelegenheit, aber dafür blickte man schön auf die kleine Kapelle und das Meer. Wir entschieden uns also zähneknirschend für das Zimmer, ich hatte keine Lust jetzt noch nach was anderem zu suchen. Begeistert waren wir aber trotzdem nicht: es roch extrem muffig, vermutlich waren wir die ersten Gäste des Jahres und seit Herbst hatte sie nicht mehr gelüftet. Und irgendwie war die Einrichtung auch billig und trist. Der Besitzer am Empfang war zwar höflich, aber irgendwie erschein uns das ganze Hotel extrem unpersönlich und lieblos – wir waren ja auch von Patmos und Leros ziemlich verwöhnt! Als wir dann noch merkten, dass wir die Tür nur zuziehen, aber nicht abschließen konnten, zur Zimmertür aber jedermann Zugang über die Außentreppe und Gemeinschaftsterrasse hatte, hatte ich ein ungutes Gefühl, mein Tablet und andere Wertsachen dortzulassen. Ok, vielleicht war das etwas übertrieben, Nisyros ist sicherlich nicht die einbruchsgefährdetste Gegend, aber alles in allem fühlten wir uns einfach nicht wohl.
Spontan entschieden wir uns, nebenan beim Three Brothers Hotel nachzufragen, ob noch ein Zimmer mit Meerblick frei sei. Antonis, der Besitzer, zeigte uns ein wunderschönes Zimmer mit einem traumhaften Blick auf das Meer. Zwar war auch hier keine Kochgelegenheit, er bot uns aber an, unser Frühstück unten im Aufenthaltsraum zuzubereiten. Der Preis war derselbe, wir blieben daher nur noch eine Anstandsnacht im Romantzo und sollten den Wechsel wirklich nicht bereuen!
Der Hauptort Mandraki, der nur wenige Meter vom Hafen entfernt liegt, begeisterte uns sofort! Malerische Gässchen mit weißgetünchten Häusern mit blauen, grünen und braunen Balkonen, Griechenlandidylle pur!
Und auch die Uferfront war im Vergleich zu Patmos und Leros angenehm ruhig und beschaulich. Trotzdem mangelt es dank der vielen Tagestouristen, die von Kos herüberhüpfen, nicht an Restaurants, Cafés oder Läden. Aber alles zum Glück noch auf eine angenehme, zurückhaltende Art. Uns war gleich klar, dass wir bis zur Rückfahrt nach Rhodos bleiben würden und Chalki oder Tilos keine Chance mehr hatten…
Wir setzten uns auf den schönen Dorfplatz, die Platía Ilikiomeni, die von zwei großen Bäumen beschattet wird. Bei der sympatischen Irini gab es für mich ohne Fleisch zwar nur sehr wenig Auswahl, es war aber gut gekocht und wir genossen es das Dorftreiben zu beobachten.
Kaum waren wir am nächsten Tag ins Three Brothers Hotel umgezogen, luden uns die Besitzer Antonis und seine deutsche Frau Sabine ein, am Osteressen teilzunehmen. Wir freuten uns sehr über die Einladung! Sie bereiteten uns aber auch darauf vor, dass es dieses Jahr ein trauriges Fest sein würde, da Antonis jüngster Bruder vor einer Woche überraschend verstorben war. Welch eine Gastfreundschaft, wenn man selbst in einer solchen Situation noch wie jedes Jahr alle Gäste einlädt!
Zuvor wanderten wir über einen schönen Pfad hinauf zum Palékastro, der besterhaltenen antiken Stadtmauer in Griechenland. Was diese Stadtmauer beschützte ist unklar, waren es Tempel oder eine städtische Siedlung? Auf jeden Fall hat man von oben einen wunderschönen Blick auf Mandraki.
Der Blick war so schön, dass wir abends gleich nochmal vorbeischauten und dort den Sonnenuntergang genossen.
Danach trafen wir drei Gäste aus dem Three Brothers Hotel durch Zufall im Restaurant „To Kazanario“ und verbrachten gemeinsam einen lustigen und leckeren Abend. Sie kommen seit Jahren nach Nisyros zu Sabine und Antonis. Überhaupt fiel uns auf, dass es auf Nisyros scheinbar viele Wiederholungstäter gibt und auch so manch Ausländer oder Grieche aus anderen Landesteilen hängengeblieben ist. Die Bewohner von Nisyros seien einfach aufgeschlossener als die anderer Inseln, erzählte uns eine griechische Restaurantbekanntschaft an einem anderen Abend. So willkommen wie wir uns fühlten, wollen wir das gerne glauben!
Am nächsten Tag hatten wir eigentlich vor, mit dem Bus nach Nikiá zu fahren und zum Vulkankrater zu wandern. Antonis fragte extra für uns nach, ob der Bus auch am Ostermontag fuhr. Im Endeffekt warteten wir dann aber doch vergeblich. Spontan änderten wir unseren Plan und ließen uns vom nächsten Auto mit nach Pali nehmen. Sabine hatte mir zum Glück schon erzählt, dass man sich auf Nisyros sehr einfach mitnehmen lassen kann. Und siehe da, das erste Auto hielt sofort an! Vom Fischerdorf Pali aus wanderten wir zunächst auf der wenig befahreren Straße, später auf einem schönen, aber recht steilen Eselspfad hinauf in das Kraterranddorf Emborio.
Etwas außer Puste kamen wir oben in Emborió an. Viele Häuser stehen leer und verfallen, andere werden wieder renoviert. Ob das Dorf in ein paar Jahren wieder zu neuem Leben erwacht?
Nach einer Mittagspause mit Blick in den Vulkankrater – den man hier oben nicht nur sehen, sondern auch riechen kann – wanderten wir auf einem traumhaften Eselspfad zurück über das Kloster Evangelístria nach Mandraki. Leider war der Himmel sehr bedeckt, nicht gerade ein fotogenes Wetter. Aber die terrassierten, steil abfallenden Hängen sind wirklich sehenswert! Was für eine Arbeit das früher gewesen sein muss sie zu bewirtschaften! An ein paar Stellen war der Pfad doch etwas zugewachsen und ich recht froh über die Jeans, die mir Sabine geliehen hatte!
Am Dienstag traf sich die ganze Insel zum Fest am Kloster Evangelistría. Selbstverständlich konnten wir uns das nicht entgehen lassen! Bis wir zu Fuß oben angelangten, war das Fest schon seit längerem in vollem Gange und die Stimmung und die Gesänge wurden immer lustiger…Kurz konnte ich einen Blick auf den Würdenträger erhaschen, dann flüchtete ich wieder vor den Böllern – den Bomben, wie sie dort nicht ganz zu Unrecht genannt werden.
Nach einem Gläschen Wein, ging es beschwingt weiter, wir wollten ja noch die Hochebene von Nifios erwandern. Die Wanderung ist landschaftlich sehr abwechslungsreich. Uns erstaunte immer wieder was für eine grüne Insel Nisyros im Vergleich zu ihren Nachbarinseln ist. Durch die Vulkanerde ist die Insel erstaunlich grün und es wachsen auch viele Bäume. Auch das Hochplateau von Nifios ist eine Augenweide.
Diesen Abend verbrachten wir im La Fabbrica an der Ecke zur Uferpromenade, das uns von James, dem schottischen Stammgast, empfohlen worden war. Eine leckere Entscheidung, auch wenn es immer noch keinen frischen Fisch und Meeresfrüchte gab. Die Lösung erfuhren wir am nächsten Morgen: Über Ostern fuhren die Fischer nicht aufs Meer, hätten wir uns ja denken können…
Mittwoch war schon unser vorletzter Tag und damit die letzte Chance gekommen endlich den Vulkan zu besichtigen. Diesmal wollten wir nicht wieder auf den Bus warten und versuchten uns gleich im Trampen. Die Mittagszeit war nicht die beste Zeit dafür, es fuhr kaum ein Auto an uns vorbei. Und die wenigen, die uns überholten, entschuldigten sich mit großen Gesten, dass sie nur noch ein paar Meter weiter fuhren…Wir waren schon auf halbem Weg nach Pali, da kam mal wieder ein Auto vorbei und wir hatten Glück: endlich eine Frau, die bis nach Nikiá fuhr!
Nikía, neben Emborio das zweite und bewohntere Dorf am Kraterhang, hat viel Charme und einen hübschen Dorfplatz. In der Kirche schenkte uns eine alte Frau zwei leckere süße Gewürzbrote, da das an diesem Tag das Fest des heiligen Giorgios gefeiert wurde.
Von Nikiá aus stiegen wir über einen alten Kalderimini hinab in den Vulkan. Der Blick in den Krater ist wirklich beeindruckend!
In den Stefanoskrater kann man hineinsteigen. Für die meisten Tagestouristen, die von Kos herüberkommen, ist dies die Hauptattraktion zu der sie in Bussen herangekarrt werden. Zum Glück waren die Busse schon weg als wir unten ankamen, von oben hatten wir sie noch im Krater herumwuseln gesehen, So hatten wir den Krater ganz für uns allein – bis auf ein paar Bauarbeiter, die den Weg hinunter neu befestigten.
Anschließend wanderten wir über das Kloster Stavros wieder zurück nach Mandráki. Beim Aufstieg hatten wir nochmal einen tollen Blick auf den Vulkankrater.
An der Uferpromenade ließen wir den Abend ausklingen und genossen den Sonnenuntergang.
Am Donnerstag nachmittag brachte uns die Dodekanissos zu unserem letzten Ziel Rhodos, von dort ging am Samstag unser Flieger zurück. Vor der Ankunft der Dodekanissos wunderten wir uns über die Soldaten, die am Hafen Spalier übten. Ob wohl ein wichtiger Gast auf dem Schiff ist? Des Rätsels Lösung zeigte sich schnell: Der Erzbischof von Kos, angeblich ein großer Nisyros Fan, kam zu Besuch und wurde mit höchsten Ehren begrüßt.
Wir nahmen schweren Herzens Abschied von der wundervollen Insel und unseren tollen Gastgebern. Nisyros, wir kommen wieder!
Hier geht’s zu den bisherigen Berichten unserer Dodekanesreise:
Zwischenstopp Athen
Patmos, die heilige Insel
Leros, die verrufene und unterschätzte Insel
Zwischenstopp Kos – Kulturschock und Ruinen