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Vom (vegetarischen) Essen und Reisen

Dodekanes 2014: Leros, die verrufene und unterschätzte Insel

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Als in Patmos langsam immer mehr Touristen anlandeten, um die Osterfeierlichkeiten zu erleben, reisten wir zwei Inseln weiter, nach Leros. Leros, die verrufene Insel, die nach dem Krieg als Häftlingsinsel für politische Gegner diente und in den 80er Jahren wegen unmenschlicher Zustände in der psychiatrischen Klinik in die Schlagzeilen geriet. Die Klinik hat sich inzwischen stark verbessert, viele Patienten leben außerhalb des Klinikggeländes und so manchmal hat man auch den Eindruck einem in den Straßen zu begegnen. Aber nach wie vor beschäftigt die Klinik viele Einwohner, so dass die Insel deutlich weniger als andere vom Tourismus abhängig ist. Deutlich bedrückender war für mich als deutsche Besucherin jedoch ein anderer Teil der lerischen Vergangenheit: die Zeugnisse der deutschen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs. 52 Tage dauerten die deutschen Bombardements auf Leros, ein britischer Soldatenfriedhof in Alinda und bizarrer Gartenschmuck aus Bomben erinnern bis heute an diese Zeit. Trotzdem stieß ich zum Glück auf keinerlei Vorbehalte.

Leros hat mit 8.000 Einwohnern deutlich mehr Bewohner als Patmos (3.000) oder gar Nisyros (1.000). Die Insel wirkt, vor allem in der Inselmitte rund um den Hauptort Platanos, der mit den Orten Agia Marina und Panteli zusammengewachsen ist, auch deutlich dichter besiedelt. Der Tourismus spielt hier im Gegensatz zu vielen anderen Inseln nur eine geringe Rolle, das Leben wirkt dadurch ursprünglicher als an anderen Orten.

Wir hatten ein Studio im dp Asterias im Fischerort Panteli reserviert und unsere Gastgeber holten uns netterweise auch direkt an der Fähre in Lakki ab. Denise und Paolo, ein italienisches Paar, das sich vor einem Jahr auf Leros niedergelassen hat, um die Studios zu vermieten, waren uns sofort sehr sympatisch!

Deshalb freuten wir uns auch sehr, als sie uns fragten, ob wir nicht mit ihnen und einem Freund, der zu Besuch war, essen gehen möchten. Wir verbrachten einen sehr lustigen Abend mit englisch-französisch-italienisch-(und etwas griechischem) Kauderwelsch in der Taverne Psaropoula. Dort saßen wir nicht nur romantisch auf der schönen Terrasse und hörten und sahen das Meer rauschen, sondern aßen auch sehr lecker!

Der Blick von unserem Studio auf die Bucht von Panteli

Der Blick von unserem Studio auf die Bucht von Panteli

Denise und Paolo, die netten Vermieter des dp Asterias

Denise und Paolo, die netten Vermieter des dp Asterias

Nach dem Frühstück auf unserem wunderschönen Balkon, versuchten wir am nächsten Tag zwei Fahrräder zu mieten, da Leros im Vergleich zu anderen Inseln relativ flach ist. Leider waren die Fahrräder noch nicht überprüft und mussten noch aus dem anderen Geschäft hergeholt werden. Es war halt noch absolute Vorsaison! So verschoben wir unsere Fahrradpläne auf den nächsten Tag und erkundeten zunächst die Umgebung. Nachmittags hatte auch die Burg mit der schönen Burgkapelle geöffnet. Wir wanderten gemütlich über die Straße hinauf, um den traumhaften Blick über die Insel und das Meer zu genießen. Dabei kamen wir an den hübschen restaurierten Windmühlen vorbei.

Windmühlen auf Leros

Zurück ging es dann schnell über den recht steilen Treppenweg, der direkt hinunter nach Platanos führt. Zum Glück waren die wir die hunderte Stufen nicht hochgestiegen!

Blick von der Burg auf Agia Marina

Blick von der Burg auf Agia Marina

Die Burg von Leros

Die Burg von Leros

Den Abend verbrachten wir im Restaurant Mylos. Auf der Terrasse sitzt man direkt am Wasser und hat auf der einen Seite einen traumhaften Blick über das Meer auf die Burg und auf der anderen Seite auf eine kleine Windmühle, die dem Restaurant den Namen gab. Aber nicht nur der Blick ist wunderschön, auch das Essen – eine leicht modernisierte griechische Küche – war außergewöhnlich gut. Da war der Beschluss schnell gefasst nochmal vor der Abreise wiederzukommen!

Das Restaurant Mylos auf Leros

Das Restaurant Mylos auf Leros

Blick vom Restaurant Mylos auf Agia Marina und die Burg

Blick vom Restaurant Mylos auf Agia Marina und die Burg

Am nächsten Tag liehen wir uns endlich die Fahrräder. Die Bezeichnung Mountainbikes, mit der sie uns angepriesen wurden, war etwas euphemistisch…Aber sie fuhren und irgendwie kamen wir mit der knarzenden Gangschaltung schon die Hügel hinauf. So strampelten wir in den Süden der Insel, nach Xirokampos. Der Weiler war in der Vorsaison noch sehr verschlafen, an der Taverne am Strand stand, dass sie ab dem Ostersonntag geöffnet sei. Zum Glück hatten wir unseren griechischen Salat selbst mitgebracht und so beobachteten wir die Fischer beim Reparieren der Boote.

Am Strand von Xirokampos

Am Strand von Xirokampos

Die Bucht mit dem Blick auf das nahe Kalymnos und der Strand gefielen uns gut, Xerokampos ist sicherlich auch ein schöner Übernachtungsort im Sommer.

Der Strand von Xirokampos

Der Strand von Xirokampos

Nach dem kleinen Picknick am Hafen wanderten wir östlich von Xirokampos an der Küste entlang. Der Weg führt zuerst auf einer Staubpiste bis zur Spitze der Insel und später als Eselspfad über den Bergrücken zurück. Dabei genossen wir die schönen Ausblicke auf das Meer und Kalymnos. Von oben hat man außerdem einen tollen Blick auf die Bucht von Xirokampos.

Blick auf Xirokampos

Blick auf Xirokampos

Wir kamen an einem alten, etwas verfallenen Gebäude – vermutlich einem Militärgebäude – vorbei, das heute als Schafstall dient.

ehemaliges Militär(?)gebäude , das heute als Schafstall dient

ehemaliges Militär(?)gebäude , das heute als Schafstall dient

Durch das Fenster fielen mir Bilder im Inneren auf. Neugierig betrat ich das Gebäude und schauderte beim Anblick der Bilder. Plötzlich war die deutsche Besatzerzeit wieder ganz nah. Was meint ihr wann die Bilder entstanden sind? Wir waren etwas unschlüssig. Um von Deutschen während der Besatzungszeit gemalt worden zu sein, machen sie sich vielleicht doch zu sehr lustig über die Deutschen. Aber wir konnten uns auch kaum vorstellen, dass sich Griechen nach der Besatzungszeit so harmlos über die Deutschen amüsierten – und dann auch noch in perfektem Deutsch. Ob sie erst viel später entstanden sind? Aber dann von wem und wozu in aller Welt an diesem gottverlassenen Ort? Es gab auch noch weitere, harmlosere Bilder in der Ruine, die uns teilweise jüngeren Datums zu sein schienen. Hat von euch jemand eine Idee woher die Bilder stammen?

Zeichnung  mit der Inschrift "Guten Morgen Herr Hauptfeldwebel" in verlassener Ruine in Leros

Zeichnung mit der Inschrift „Guten Morgen Herr Hauptfeldwebel“ in verlassener Ruine in Leros

Auf dieser Zeichnung steht auf dem Zettel " Rezept für Wehrmachtsuppe"

Auf dieser Zeichnung steht auf dem Zettel “ Rezept für Wehrmachtsuppe“

Heute hatte der Freund von Denise und Paolo Geburtstag und wir gingen zur Feier des Tages nochmals alle zusammen in die Taverne. Diesmal entführten sie uns in die – wie sie sagten – vermutlich einzige noch echte griechische Taverne in Leros, zu Maria an der Ecke der Hauptgasse von Panteli. Sie erinnerte uns sehr an die Fischertaverne in Patmos, genau das gleiche Neonlicht :-). Die Wirtin Maria erklärte uns was es heute auf der Karte gab und wir wurden in die Küche gebeten, um uns den Tagesfang anzusehen. Als die Teller kamen, merkten wir, dass wir die Portionen wieder völlig unterschätzt hatten. Die Fische und Meeresfrüchte waren einfach zubereitet, aber so frisch und lecker, dass wir trotzdem problemlos alles restlos aufputzten. Und die Rechnung war erstaunlich gering. Dafür hat man aber auch keinen Meerblick.

Am Karfreitag meinte es das Wetter etwas weniger gut mit uns. Windig und kalt war es geworden. Heute stand der Besuch von Lakki auf unserem Programm. Kaum waren wir dort angekommen, zwang uns ein heftiges Gewitter in die nächste Taverne. Aber es gibt schließlich Schlimmeres als mit einem leckeren vegetarischen Moussaka und Blick auf dem Hafen im Trockenen zu sitzen.

Lakki ist ein durch und durch ungriechisch wirkender Ort. Er wurde unter der italienischen Besatzung am Reißbrett entworfen und sollte ein Musterbeispiel moderner Architektur werden. Viele Bauten sind heute in relativ schlechtem Zustand, einige wurden inzwischen aber auch renoviert. Insgesamt strahlt Lakki mit seinen recht breiten Straßen eine weitaus weniger gemütliche Atmosphäre aus als die anderen Orte auf Leros.

Der "internationale Stil" in Lakki

Der „internationale Stil“ in Lakki

Die Uferpromenade von Lakki

Die Uferpromenade von Lakki

Wir hatten eigentlich geplant nochmal eine Wanderung aus dem Reiseführer von Dieter Graf auszuprobieren, aber diesmal zwang uns der heftige, kalte Wind relativ schnell zur Umkehr. Davor warfen wir aber noch einen Blick auf das -leider geschlossene – Kriegsmuseum von Leros und die in den Berg gegrabenen Tunnel aus dem zweiten Weltkrieg.

Kriegsmuseum von Leros

Kriegsmuseum von Leros

Dafür machten wir noch einen kurzen Abstecher nach Alinda, das um die Jahreszeit noch recht verlassen wirkte. Auf dem Rückweg nach Agia Marina, freuten wir uns über das dramatische Licht und den Regenbogen.

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Am Abend des Karfreitags finden in Leros Osterprozessionen statt. Die Insel trifft sich dazu auf dem Hauptplatz von Plátanos, um geschmückte „Epitaphe“, die das Grab Christi symbolisieren durch die Straßen zu den verschiedenen Kirchen zu tragen. Unglaublich wie viele Menschen plötzlich auf den Beinen sind!

Die Osterprozession am Karfreitag

Die Osterprozession am Karfreitag

Wir folgten einem Epitaph bis zur Kirche in Agia Marina. Heute hörte man vor allem als Ostergruß „Xronia polá!“. So ganz klar war uns nie welchen Ostergruß man sich wann wünscht und irgendwie erzählte uns auch jeder was anderes. In Patmos hieß es in der Woche vor Ostern vor allem kali anastasi (gute Auferstehung), manchmal aber auch kalo pasxa (Frohe Ostern), auch wenn man uns ursprünglich erklärt hatte, dass dieser Gruß erst später dran käme. Christos anesti (Christus ist auferstanden) wird dann auf jeden Fall erst ab der Nacht vom Ostersamstag auf den Ostersonntag gewünscht. Ganz schön kompliziert, die Griechen…

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Nach der Prozession statteten wir dem Restaurant Mylos nochmal einen Besuch ab. Heute hätten wir besser reservieren sollen, alle Tische waren besetzt. Wir setzten uns also zuerst mal an der Bar und bekamen dafür sogar den Wein spendiert. Da wartet man doch gerne! Das Essen war wieder köstlichst, ein schöner Abschluss unseres Aufenthalts auf Leros.

Am nächsten Tag, genau in dem Moment in dem wir morgens im Hafen von Lakki aus dem Taxi stiegen, überflutete ein Wolkenbruch die Straßen. Wir konnten uns gerade noch so ins Café retten. Dafür zeigte sich der Himmel dann bei der Einfahrt der Blue Star Ferries in seinen prächtigsten Farben. Schnell waren die drei Tage auf der sympatischen Insel vergangen und schon ging es weiter über Kos nach Nisyros.

Abfahrt mit der Blue Star Ferries (das ist Bild ist gänzlich unbearbeitet, auch wenn's nicht so aussieht :-))

Abfahrt mit der Blue Star Ferries (das ist Bild ist gänzlich unbearbeitet, das Licht war wirklich so :-))

Hier geht’s zu den bisherigen Berichten unserer Dodekanesreise:
Zwischenstopp Athen
Patmos, die heilige Insel
Zwischenstopp Kos-Stadt: Ruinen und Kulturschock

15 Kommentare zu “Dodekanes 2014: Leros, die verrufene und unterschätzte Insel

  1. weißt du was du gerade in mir ausgelöst hast als ich deinen Beitrag las und die vielen wunderschönen Fotos betrachtete?
    Ich sitze hier und heule mir die Augen aus……. vor Sehnsucht nach meinem geliebten Griechenland! Ohne Scheiß, ich sitze hier
    und mir kullern die Tränen der Sehnsucht und Rührung nur so runter….

    Wer im castle von Leros zeichnete, werde ich verfolgen, du hast nun meine Neugier geweckt.
    Kalimera oli mera, viele Grüße,
    Suse

    • Das freut mich, dass der Bericht solche Sehnsucht weckt, ich würde ja auch am liebsten gleich wieder hin! Da bleibt wohl nur übrig schnell Urlaub zu nehmen und loszufahren! Liebe Grüße Melanie

      • guten Morgen Melanie, kalimera,

        mein Urlaub ist bereits gebucht. Ich habe es schwarz auf weiß, dass ich im August wieder ins Flugzeug steige und nach Rhodos fliege! Ist das nicht schön?
        Und da meiner Sehnsucht die Vorfreude gegenübersteht, ist es auszuhalten. Ansonsten…… ich könnte es kaum aushalten, ein Jahr nicht dorthin zu fliegen. Wie gut, dass ich guten Kontakt, dank Facebook, zu „meinen Griechen“ hab! 🙂

        Hab einen schönen Donnerstag!
        Yeia sou!

  2. Zu den Zeichnungen kann ich leider nichts Erhellendes beisteuern. Das letzte Bild ist wunderschön und wie gesagt, da müssen wir wohl nächstes Jahr mal hin. 🙂
    Liebe Grüße,
    Eva

    • Mir wurden inzwischen Links geschickt nach denen es wohl wirklich Zeichnungen deutscher Soldaten aus dem zweiten Weltkrieg sind. Und wie gesagt, ich bin gespannt für welche Inseln ihr euch dann entscheidet! Liebe Grüße Melanie

  3. jassou Melanie, wie immer ein schöner informativer Artikel mit interessanten Fotos von dir. Einige Fotos erinnerten mich an Astypalaea von wo ich gerade zurück gekommen bin.

    Auch wenn Leros nicht zu den Inseln gehört die ich besuchen will, ist es immer schön Berichte über Griechische Inseln zu lesen.

    schöne Grüße aus Hamburg, kokkinos vrachos

    • Ich würde Leros an deiner Stelle nicht ausschließen, es hat uns wirklich gut dort gefallen, vor allem in Kombination mit Patmos und Nisyros waren es drei sehr unterschiedliche Inseln, die aber alle ihren Charme haben. Liebe Grüße Melanie

  4. Mangoseele, hab deine Seite als Favorit schon gespeichert, wunderbarer Blog und tolle Fotos, mit Rezepten, die zum Nachkochen einladen (obwohl ich kein Vegetarier bin) ….man liest sich
    printy

  5. Hallo Melanie,
    für uns war Leros auch eine angenehme Überraschung. Wir haben aber in Alinda gewohnt. Im Mylos waren wir auch, aber wir konnten bei schönem Wetter draußen sitzen und das Essen war wirklich super 🙂 Wir hätten gerne noch Lipsi besucht, aber dazu hat die Zeit nicht gereicht.
    Gruß Schalimara

    • Wir konnten auch an einem Abend im Mylos draußen sitzen (auch wenn wir die einzigen waren ;-)), dann wurde es aber wirklich zu kalt…Lipsi steht auch noch auf meiner imaginären Liste der noch zu besuchenden Inseln, aber man kann ja nicht alles auf einmal machen. Liebe Grüße Melanie

  6. Kalimera, noch zwei interessante Leros-Berichte.

    Leros 2014 – Das Dornröschen des Dodekanes
    http://www.klaus-boetig.de/leros-2014-das-dornroschen-des-dodekanes/

    Leros – Insel mit schlechtem Ruf???
    http://www.in-greece.de/leros/artikel/109511-leros-insel-mit-schlechtem-ruf

    schöne Grüße aus Hamburg, kv

  7. Die Regeln des Diagoras
    Erzählung von D. B. Blettenberg

    D. B. Blettenberg zählt zu den besten deutschen Politthriller-Autoren. Seit mehreren Jahren verbringt er einen großen Teil seiner Zeit auf der Insel Leros. Ein spannender Roman, der dabei entstanden ist, sucht gerade den Weg in einen Verlag. Auf diablog.eu lesen Sie als Appetitanreger eine Erzählung, die auf Leros spielt und von unserem Redaktionsmitglied Thanassis Tsingas ambitioniert ins Deutsche gebracht wurde.

    http://diablog.eu/literatur/d-b-blettenberg-die-regeln-des-diagoras/

    vg, kv

  8. Moin und Kalimera, toller Leros-Artikel von Klaus Bötig:

    Leros – Die oft verkannte Insel
    https://www.griechenland.net/tourismus/reportagen/23982-leros-die-oft-verkannte-insel

    Ta Leme, kv

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